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Calvin Rimpel

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Beiträge erstellt von Calvin Rimpel

  1. Über ein Jahrzehnt ist vergangen, seitdem Brothers: A Tale of Two Sons unter der Führung des Payday Entwicklerstudios Starbreeze erschien. Ob das unerwartete Remake den gleichen emotionalen Tiefgang vermitteln kann wie das Original?

     

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    Brothers: A Tale of Two Sons handelt, wie der Name unschwer vermuten lässt, von der Geschichte zweierlei Brüder. Als der Jüngere der beiden eines Tages mit seiner Mutter auf das Meer ausfuhr, fiel sie tragischerweise über Bord. Trotz aller aussichtslosen Versuche der Rettung entglitt sie den schwachen Händen des Jungen, woraufhin er schockiert beobachtete, wie seine Mutter verzweifelt nach Luft schnappend inmitten der Gischt der Wellen unterging.

     

    Obwohl einer unserer beiden Protagonisten somit schon mehr Schmerz in seinem Leben erfahren hat, als es für ein Kind in solch jungen Jahren der Fall sein sollte, kennt das grausame Schicksal keine Grenzen. Denn auch die letzte elterliche Bezugsperson erkrankt einige Zeit später. Allerdings soll es ein Heilmittel geben, das den Vater von seiner tödlichen Krankheit erlösen kann. Nachvollziehbar also, dass die Geschwister Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um ihn zu retten. Dementsprechend stürzen sich die zwei Brüder fortan Hals über Kopf in ein hochemotionales Abenteuer voller Gefahren, welches euren Tränendrüsen einiges abverlangen wird und heute ein ähnlich intensives Gefühlsbad auslöst wie vor über zehn Jahren.

     

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    Und auch beim Gameplay präsentiert sich Brothers: A Tale of Two Sons weiterhin erfrischend kreativ, da die besondere Steuerungsmethode seit Release nur selten kopiert wurde. In dem Titel kontrolliert ihr nämlich beide Brüder gleichzeitig, wobei jeweils eine Schultertaste und ein Analogstick die jeweilige Spielfigur verkörpert. Gerade zu Beginn wird somit eurer Augen-Hand-Koordination einiges abverlangt. Nach kurzer Zeit sprintet ihr jedoch bereits durch das mittelalterliche Fischerdörfchen, ohne kontinuierlich an jedem unerwarteten Hindernis hängenzubleiben.

     

    Hindernis ist sodann auch das Stichwort, denn Brothers: A Tale of Two Sons ist im Kern ein Rätseladventure – Kämpfe sucht ihr vergebens. Angesichts der ungewöhnlichen Steuerung sind fast alle Rätsel, die ihr ebenfalls kooperativ mit einer weiteren Person lösen könnt, auf die Interaktion beider Charaktere ausgelegt.

     

    So ermöglicht der ältere Bruder dem Jüngeren etwa durch das Stellen einer Räuberleiter einen höher gelegenen Felsvorsprung zu erreichen. Oder eine Plattform, auf der sich einer der Brüder befindet, wird aus der Entfernung verschoben. Selbst Bosskämpfe werden unter Zuhilfenahme solcher Mechaniken gelöst. Der jüngere Protagonist lockt beispielsweise einen großen Troll in einen Käfig, nur um daraufhin dank seines kleineren Körpers durch die schmalen Gitterstäbe zu entschwinden. Gleichzeitig zieht der ältere Bruder an einem riesigen, den Käfig verschließenden Hebel, welchen der Jüngere wegen des Kraftaufwands überhaupt nicht in Bewegung hätte setzen können.

     

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    Aufgrund dieser dauerhaften Bindung, die im Einzelspielermodus ihr maximales Potenzial entfaltet, erreicht Brothers: A Tale of Two Sons etwas, das nur den wenigsten Videospielen gelingt: Emotionales Storytelling mit dem physischen Akt des Spielens zu verbinden. Während die meisten Spiele ihre Geschichte mithilfe von epischen Zwischensequenzen erzählen, verknüpft Brothers: A Tale of Two Sons auf elegante Art und Weise die offensichtliche enge Verbundenheit des Geschwisterpaares mit eurer tatsächlichen Nutzung des Controllers.

     

    Ähnlich wie in Ico, wo ihr eure Begleiterin kontinuierlich durch das Halten einer Taste bei den Händen nehmen müsst und ein Fehler fatale Konsequenzen nach sich zieht, wird infolge dieser realweltlichen Aktion eine deutlich intensivere emotionale Bindung zu den spielerischen Geschehnissen sowie Charakteren aufgebaut. Und genau das schafft Brothers: A Tale of Two Sons auch. Wenn einer der beiden Brüder über einen Abgrund klettert, während der Andere ein mögliches Abstürzen verhindert, ist die schiere emotionale Investition, keine der Spielfiguren fallen zu sehen, unfassbar intensiv.

     

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    Starbreeze kreierte somit bereits 2013 etwas, was ausschließlich in einem aktiven Erzählmedium wie Videospielen möglich ist. Das Remake potenziert diese Gefühle noch, indem es die Grafik ein ordentliches Stück aufhübscht, was umso wichtiger ist, da Brothers: A Tale of Two Sons eine imaginäre Sprache verwendet. Die Handlung wird folglich primär visuell via Mimik und Gestik vorangetragen.

     

    Wenn sich der jüngere Bruder also kopfschüttelnd weigert, einen Fluss zu überqueren, woraufhin der Ältere schützend die Hand auf seine eigene Schulter legt, um anzudeuten, dass er ihn huckepack sicher durch den Fluss bugsieren wird, sorgen die höher aufgelösten Texturen für einen noch eindringlicheren Schlag in die Magengrube.

     

    Die im Laufe des Spiels immer bizarrer werdenden Umgebungen, die von riesigen Höhlengewölben mit ausgefallenen Steampunkelementen bis zu schaurig herabfallenden blutigen Wasserfällen inmitten einer eisigen Schneelandschaft reichen, profitieren selbstverständlich auch von der Erfrischungskur.

     

    Der Soundtrack, welcher für das Remake von einem Live-Orchester erneut aufgenommen wurde, unterstreicht die trist düstere Atmosphäre dank der zahlreichen akustischen Instrumente wie Violinen und Gitarren perfekt, wohingegen weitere Musikstücke mit einer opernhaften Gesangstimme die skurrileren Spielabschnitte schaurig untermalen.

     

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    Fazit:

    Brothers: A Tale of Two Sons ist eine traurige, äußerst emotionale Geschichte über Kummer, Schmerz, Verlust und am allerwichtigsten: Akzeptanz. Dass egal, wie unfair die Situation und verlockend ein mögliches Wundermittel auch sein mag, die Zeit leider unaufhaltsam voranschreitet. Ein mysteriöser, übernatürlicher Ausweg mag einladend erscheinen, führt am Ende des Tages allerdings nur zu noch mehr Leid. In Anbetracht dessen entwickelt sich Brothers: A Tale of Two Sons von einem schlichten Videospiel hin zu einer spielgewordenen Fabel, die in der letzten Dekade absolut nichts von ihrer pointierten Lehre verloren hat.

     

    All diejenigen, die dieses einmalige Abenteuer noch nie bestritten haben, sollten sich den Titel auf jeden Fall zulegen. Alle anderen, die bereits mit dem Original vertraut sind, warten hingegen auf einen Sale, da die Neuerungen des Remakes nicht signifikant genug ausfallen, um einen Neukauf zu rechtfertigen.

  2. Nach mehreren Verschiebungen und über sieben Jahren Entwicklungszeit erscheint mit Granblue Fantasy: Relink endlich der große Action-RPG-Ableger des erfolgreichen Gacha-Spiels Granblue Fantasy. Ob sich die lange Wartezeit gelohnt hat?

     

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    Schwebende Inseln, rustikale Flugschiffe und ein äußerst gereizt wirkender feuerspeiender Drache – Granblue Fantasy: Relink eröffnet so spontan wie spektakulär. Inmitten des flammenden Infernos kämpfen unsere acht Helden an Bord der Grandcypher ums nackte Überleben. Ein endloses Meer aus Feuer und Geröll umgibt sie und verschluckt unaufhaltsam alles, was sich ihm in den Weg stellt. Nur dank des heroischen Einsatzes von Captain Gran, springt die Crew dem Tod um Haaresbreite von der Schippe.

     

    Es stellt sich allerdings die Frage, warum die Astralbestie Bahamut, die eigentlich von einem der Protagonisten ähnlich eines Espers aus Final Fantasy kontrolliert werden kann, nach seiner Beschwörung in völlige Raserei verfiel. Hat da etwa eine mysteriöse und geheime Gruppierung ihre Finger im Spiel? Schließlich scheinen andere Astralbestien ebenfalls keine Kontrolle mehr über sich zu haben. Und könnte das womöglich in der Zerstörung des Himmelreichs, nein, sogar der ganzen Welt enden?

     

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    Solchen Fragen geht es auf den Grund zu gehen und leider wird anhand meiner nicht gerade subtilen Sticheleien bereits deutlich, dass sich Granblue Fantasy: Relink in puncto übergreifender Story nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Denn generischer könnte ein JRPG-Plot nicht ausfallen.

     

    Dies überrascht kaum, fußt das Fundament des Rollenspiels doch letztlich auf einem japanischen Gacha-Spiel. Einerseits berühmt und berüchtigt dafür, horrende Summen an Geld zu verschlingen, anderseits aber hinsichtlich individueller figurenbezogener Geschichten zu glänzen, sind die endlosen Gacha-Spiele aus Fernost ein oftmals zweischneidiges Schwert. Und genau hier setzt Granblue Fantasy: Relink an. Gacha-Mechaniken gibt es zwar keine, gleichzeitig rücken jedoch Worldbuilding und Plot in den Hintergrund, um den vollen Fokus auf die Schicksale der Protagonisten zu lenken.

     

    Schade nur, dass Neuankömmlinge in der Welt von Granblue das Gefühl haben werden, in den zweiten Teil einer Filmtrilogie gestolpert zu sein. Kontinuierlich wird über euch vollkommen unbekannte Ereignisse gesprochen. Sofern ihr also nicht bereits mit der Vorlage oder dem Anime vertraut seid, werdet ihr die meiste Zeit verwundert euren Kopf kratzen. Dies schmälert den potenziellen Einfluss, den dramatische und emotionale Charaktermomente haben könnten, ungemein, da ihr den vielfältigen Cast gerade erst kennengelernt habt. Charakterspezifische sogenannte Schicksalsepisoden, in denen euch die Geschichte der jeweiligen Crewmitglieder überwiegend via Texthäppchen mitgeteilt wird, versuchen zwar, eine emotionale Brücke zwischen Veteranen und Neulingen zu schlagen, was aber nur bedingt gelingt.

     

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    Jene Unzulänglichkeiten innerhalb der Geschichte sind umso überraschender, da der Rest des Rollenspiels über weite Strecken absolut fantastisch ist – beginnend mit dem Gameplay.

     

    Im Vorfeld der Veröffentlichung wurde Granblue Fantasy: Relink des Öfteren mit Monster Hunter verglichen, was durchaus gerechtfertigt ist. So gliedert sich der Titel sowohl in die in mehrere Kapitel unterteilte Hauptkampagne als auch zahlreiche kleinere Missionen, die ihr an einem Missionsschalter annehmt. Letztere verfügen über mehrere Schwierigkeitsgrade und zusätzliche Nebenziele, die bei Erfüllung in einer höheren Wertung und somit besserer Beute resultiert.

     

    Egal ob Kampagne oder Missionen, insgesamt besteht jeder Einsatz aus einer Gruppe von vier Helden. Löblich: Zumindest im Einzelspielermodus erhalten selbst die nicht am Kampf teilnehmenden Charaktere Erfahrungspunkte. Jede der spielbaren Figuren, zwischen denen ihr außerhalb der Kämpfe frei hin- und herwechseln könnt, gehört zum Granblue-Franchise. Selbst einen Charakter erstellen, ist also nicht.

     

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    Das zugrundeliegende Kampfsystem basiert auf Komboangriffen, wobei unterschiedliche Charaktere drastisch abweichende Spielstile besitzen können. Während der schwertschwingende Gran etwa ein klassischer Allrounder ist, bekämpft die charmante Rosetta ihre Feinde mit platzierbaren Ranken, die wiederum Gift versprühen, Feinde ablenken oder sogar heilen können. Viele der stärkeren Angriffe werden hierbei über bis zu vier gleichzeitig ausrüstbare Fähigkeiten ausgelöst.

     

    Jede zumeist mit einem Element versehene Fähigkeit weist eine eigene Abklingzeit auf und ist zumeist synergetisch mit den individuellen Kernmechaniken der Klasse verbunden. Drescht ihr also mit euren verehrenden Wasserattacken auf ein feuriges Monster ein, kassiert es mehr Schaden. Favorisiert ihr eher Wind-, Dunkel-, Licht- oder Erdmagie, könnt ihr euch in dem beeindruckenden achtzehnköpfigen Roster austoben, in welchem für jeden Spielstil etwas Passendes dabei sein dürfte. Weitere spielbare Charaktere sollen darüber hinaus in zukünftigen Updates folgen.

     

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    Während den an Final Fantasy XIV erinnernden Bosskämpfen müsst ihr dagegen nicht nur eure Fähigkeiten und Kombos im Auge behalten, sondern auch auf den farblichen Zustand der verschiedenen Bösewichte achten. Nach einiger Zeit verfallen sie nämlich in einen sogenannten Overdrive. In diesem temporären Modus erweitert sich das ohnehin schon gefährliche Kampfrepertoire der Gegner um weitere Angriffe, die euch auf höheren Schwierigkeitsgraden gut und gerne bereits nach einem einzigen vernichtenden Schlag Dreck schmecken lassen.

     

    Glücklicherweise hat die Crew der Grandcypher ebenfalls einiges auf Lager, um den garstigen Biestern das Handwerk zu legen. Erfolgreiche Attacken füllen zunächst einmal die Betäubungsleiste des Gegenübers, die ihn einerseits kurzzeitig paralysieren und andererseits einen Linkangriff auslösen können. Führt ihr hiervon genügend aus, triggert ihr die Link Time. Dort heißt es nun ordentlich klotzen statt kleckern, da ihr vorübergehend mächtige Verstärkungszauber erhaltet und den abscheulichen Monstern fortan richtig einheizen könnt.

     

    Reißen dennoch einmal alle Stricke, stehen obendrein die sogenannten Himmlischen Künste zur Verfügung. Hierbei handelt es sich um die ultimativen Spezialattacken der Helden, die wiederum aneinander gereiht werden können, um somit einen verehrenden finalen spektakulären Angriff abzufeuern. Und spektakulär beschreibt die Kämpfe von Granblue Fantasy: Relink treffend. Denn ohne jeden Zweifel stellen die umfangreichen Bosskämpfe das absolute Highlight des Spiels dar.

     

    Mehr als nur einmal ertappte ich mich dabei, wie PlatinumGames in meine Gedanken eindrang, während ich riesigen Chaoskugeln oder Wellen aus Lava auswich. Ein größeres Kompliment, als die Kämpfe mit denen der Meister der Actionkampfkunst zu vergleichen, gibt es dementsprechend kaum. Und das kommt nicht von ungefähr, schließlich war PlatinumGames der ursprüngliche Entwickler des Rollenspiels, bevor ein anderes Studio übernahm. Um die actionreichen Kämpfe also in einem Wort zusammenzufassen: episch.

     

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    Nach erfolgreich verrichteter Arbeit winken sodann Meisterschaftspunkte und Gegenstände. Erstere werden für die Progression im Fertigkeitsbaum der individuellen Charaktere verwendet und schalten hauptsächlich passive Boni wie erhöhte Angriffskraft frei. Alternativ können sie ebenso bestehende aktive Fähigkeiten verbessern und sogar Waffen mit passiven Boni versehen, was uns passend zum Ausrüstungssystem überleitet.

     

    Anders als in Monster Hunter, in dem der Held ohne dazugehörige hergestellte Ausrüstung und Attribute nicht viel mehr als eine leere Leinwand verkörpert, folgt Granblue Fantasy: Relink durch die bereits vordefinierten Helden einem strikteren spielerischen Pfad, der jedoch an der gleichen Motivationskurve ansetzt. Denn auch hier möchtet ihr aufgrund der unterschiedlichen Elementaraffinitäten zumindest jeweils einen Charakter des spezifischen Elements weiterentwickeln, ganz so, wie es Spieler in Monster Hunter etwa mit Ausrüstungsgegenständen machen, um daraufhin gegenüber schwierigen Bosskämpfen besser gewappnet zu sein.

     

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    Abseits der Weiterentwicklung der Charaktere stellt ihr außerdem eine ganze Reihe von Waffen und Siegeln mit unterschiedlichen Schwerpunkten her. Siegel bilden das Äquivalent zum klassischen Ausrüstungssystem und decken von Attributssteigerungen bis zu spielstilverändernden Eigenschaften eine breite Palette an Entwicklungsmöglichkeiten ab.

     

    Sowohl das Herstellen als auch Aufwerten von Waffen sowie Siegeln benötigt Materialien, die ihr – richtig erraten – primär in Missionen verdient. Einmal am Missionsschalter angenommen, geht’s im Anschluss entweder mit drei computergesteuerten Gefährten oder drei menschlichen Mitspielern auf die Jagd. Denn anders als die Kampagne, können Missionen problemlos im Mehrspielermodus bestritten werden.

     

    Die Missionsvielfalt folgt den Genrestandards und bietet mit Bosskämpfen, Monsterwellen und Gegenstandssuchen nicht wirklich etwas Neues. Allerdings blühen die beschriebenen Aspekte im Mehrspielermodus zu voller Pracht auf, da Missionsbelohnungen sowie Aufwertungs- und Levelsysteme elegant miteinander verzahnt sind. Multiple Währungen erlauben euch obendrein, zahlreiche Gegenstände zu tauschen oder umzuwandeln, was wiederum die Aufwertungsmöglichkeiten des Handwerks speist. Ein cleveres, aufeinander aufbauendes System, das unzählige Spieler mit Sicherheit hunderte von Stunden an den heimischen Fernseher fesseln wird.

     

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    Und auch bei der Technik leistet sich Granblue Fantasy: Relink keine ernsthaften Patzer. Der leichte Cellshading-Look ist stimmig und das fulminante Effektgewitter insbesondere während der bombastisch inszenierten finalen Kapitel ist ein absoluter Augenschmaus. Leider trüben die oftmals bildschirmfüllenden Effekte manchmal die Übersicht, was vor allem in den Overdrive-Phasen zu frustrierenden Kämpfen auf Leben und Tod führt. Ansonsten wird visuell mit staubtrockenen Wüstengebieten, moderigen Mienen, eisigen Palästen sowie überwucherten Dschungeln visuell einiges an Abwechslung geboten, obwohl manche Gebiete einen Hauch zu schlauchig sind. Ähnliches lässt sich ebenso für die Monster festhalten, wenngleich ein Pallet Swap weniger gelegentlich nicht verkehrt gewesen wäre.

     

    Der Soundtrack wiederum überrascht nur wenig und entspricht mit den rockigen Balladen und orchestralen Klängen voller Blasinstrumente der Erwartungshaltung an japanische Rollenspiele. Das eine oder andere Mal schimmerten sogar Aspekte der unvergleichlichen Nihon Falcom Musikgruppe durch, selbst wenn der Soundtrack nicht vollends mit dem legendären Sound Team jdk mithalten kann. Die wahlweise japanische oder englische Synchronisation ist wie zu erwarten solide.

     

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    Fazit:

    Granblue Fantasy: Relinks Gameplay ist erstklassig. Umso enttäuschender sind die Schwächen in der Handlung, vor allem wenn ihr nicht bereits Fans des Franchise seid. Trotzdem verbringe ich aktuell jede freie Minute im Mehrspielermodus, um die Vielzahl der Charaktere auf die Maximalstufe zu hieven und bestmöglich auszustatten. Ganz zu schweigen von den bereits angekündigten Gratisinhalten, auf die ich mich eifrig vorbereite.

     

    Solltet ihr den Titel dennoch ausschließlich für den Einzelspielermodus erwerben? Hier fällt die Entscheidung bereits deutlich schwieriger, da der beschriebene Motivationskreislauf aus Looten und Leveln für mich persönlich langfristig nur im Mehrspielermodus unterhält. Nichtsdestotrotz ist das Rollenspiel meines Erachtens auch ohne menschliche Mitspieler ein Anspielen wert, dann allerdings wahrscheinlich nicht zum Vollpreis.

  3. Mit Bahnsen Knights krönt LCB Game Studio das Finale einer Trilogie, das nicht nur geschichtlich, sondern auch visuell mit seinem an die alten Commodore-Tage erinnernden Grafikstil so einzigartig wie speziell ist. Ob sich der Titel als visuelles Experiment oder doch als pulstreibender Horror-Thriller entpuppt, verrät der folgende Test!

     

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    Bahnsen Knights beginnt mit einer schaurigen Kameraeinstellung eines unscheinbaren Farmhauses und offenbart somit bereits früh seine Horror-Wurzeln. Der blutrote Himmel kontrastiert das Schwarz und Lila des restlichen Landstriches und verdeutlicht, dass die Atmosphäre, die unseren Protagonisten Boulder umhüllt, alles andere als einladend ist. Das aufgemalte tiefrote Kreuz, welches auf der behelfsmäßigen Kirche prangt und mit seinen verschmierten Farbklecksen eher an die tragischen Überreste einer Mordszene erinnert, rundet das haarsträubende Empfinden bedrohlich ab.

     

    Inmitten dieser angsteinflößenden Szenerie macht sich plötzlich unverständliches Stimmengemurmel breit. Toni, seines Zeichens Prediger, versammelt in diesem Moment scheinbar zahlreiche seiner Anhänger und predigt mit Bibel und Kreuz voller Inbrunst gen Himmel. Tränen füllen die Gesichter seiner Jünger, angespornt von jedem noch so klitzekleinen Wort, das seine Lippen verlässt. Kein Wunder, war Toni in seinem vorherigen Leben schließlich einmal Gebrauchtwagenverkäufer. Anstatt nun jedoch den alten Ford zu verschachern, der die besten Tage bereits hinter sich hat, verkauft der Prediger jetzt etwas viel Wertvolleres: Hoffnung auf Zugehörigkeit, Hoffnung auf Erlösung, Hoffnung auf einen Lebenssinn.

     

    So sei die Hölle auch nicht unter unseren Füßen. Nein, vielmehr befinde sie sich im Himmel. Das wusste laut Toni bereits Dante Alighieri höchstpersönlich, dessen literarisches Epos „Göttliche Komödie“ nicht etwa von ihm geschaffen, sondern vom Teufel höchstpersönlich diktiert wurde. Selbst Undercover Agent Boulder, der seit seiner Infiltration unaufhörlich nach seinem besten Freund und Kollegen Cupra sucht, kann sich den Aussagen des charismatischen Predigers nicht gänzlich entziehen. Immer stärker, immer lauter wird die sich in der Menge anstauende Energie, sodass sich die Zurufe der Menschenmenge in einer Kakofonie aus ohrenbetäubendem Jubel und Geschrei entladen.

     

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    Herzlich willkommen bei den „Bahnsen Knights“. Seid ihr bereit, eure Sünden hinter euch zu lassen und einer neuen Familie beizutreten? Denn nur Ihr könnt das Geheimnis von Cupras Verschwinden lösen, lauft dabei aber Gefahr, in den Sog der mysteriösen Sekte zu geraten. Wählt ihr Freundschaft oder Zugehörigkeit?

     

    Diese Frage ist schwierig zu beantworten, denn in Bahnsen Knights werdet ihr kontinuierlich mit vielen solcher Entscheidungen konfrontiert, da es doch dem klassischen „Choose your own Adventure“-Stil folgt, der uns in unzähligen Visual Novels begegnet. Im Verlauf der Geschichte müsst ihr dutzende knifflige Entschlüsse fassen, die den weiteren Verlauf der Handlung bestimmen. Dass dies keineswegs ein leeres Lippenbekenntnis ist und Entscheidungen kurzfristige und sehr schmerzhafte Konsequenzen haben können, wird bereits während der ersten Autofahrt von Boulder und Toni sichtbar.

     

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    Die Szene eröffnet in Boulders fahrbarem Untersatz, dessen Scheinwerfer die Dunkelheit der Straße erhellen. Toni zeigt kein sonderlich großes Interesse an einer Konversation, woraufhin Boulder angespannt durch die Radiosender schaltet. Rauschen, rauschen und noch mehr rauschen, bis plötzlich ein alter Blues-Song die unheimliche Stille wie ein markerschütterndes Gewitter durchschneidet. Boulder wippt sodann im Takt der Musik mit und selbst Toni scheint angetan. Letztlich flüstert er Boulder zu, er möge doch einmal genauer lauschen. Daraufhin packt den Agenten die Paranoia. Das Lied handelt von Verrat und Betrug, was also nur eines bedeuten kann: Toni weiß Bescheid; über seine Familie, über seinen Auftrag und über die Infiltration. Vollkommen eingenommen von Tonis schmeichelhaften Worten, rast Boulder ohne Umschweife frontal in einen Lkw, bei dem er tragischerweise ums Leben kommt.

     

    Solche Momente begegnen euch in Bahnsen Knights ständig. Sie gewähren einen tiefen Einblick in die fragile Psyche des Protagonisten und erheben den Höllenritt auf den nebelverhangenen Straßen zu einem rasanten Nervenkitzel. Die gleiche soeben geschilderte Situation kann nämlich ebenfalls ohne Unfall enden, nur dass Toni Boulder dazu anstachelt, den im Radio laufenden Song laut mitzusingen. Ein subtiler Befehl, dem der Agent völlig gedankenverloren Folge leistet.

     

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    In diesen und vielen weiteren Bereichen bedient sich der Titel dem klassischen Erzählverfahren des unzuverlässigen Erzählers. Als Spieler wisst ihr oftmals selbst nicht, ob der Hauptcharakter sich aktuell noch unter Kontrolle hat oder bereits den Manipulationen des Kults zum Opfer gefallen ist. Tonis offensichtlicher Charme und Boulders kontinuierlicher Zwiespalt, nicht auf die Silberzunge des Predigers hineinzufallen, machen Bahnsen Knights zu einem köstlichen Katz-und-Maus-Spiel.

     

    Dementsprechend wirken einige der Minispiele, welche die Leseerfahrung unterbrechen, fast schon deplatziert. Es ist eine Sache, gesammelte Beweise korrekt zuzuweisen. Ein Minispiel, in dem in angestaubter Atari 2600 Manier allerdings herankommenden Fahrzeugen ausgewichen werden muss, etwas vollkommen anderes. Solche Minispiele steigern nicht die Immersion, sondern reißen euch ganz im Gegenteil vielmehr aus der Spielwelt heraus.

     

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    Technisch bleibt Bahnsen Knights seinen Inspirationen treu ergeben, indem es auf wenige ausgewählte Farben setzt, die im Gegenzug jedoch einen starken Kontrast zueinander bilden. Mit einer Vielzahl von statischen Bildern schaffen es die Entwickler, eine erstaunlich bedrückende Atmosphäre zu kreieren. Nahaufnahmen von weit aufgerissenen Augen oder grinsenden Mündern verlieren sich im Lila, Weiß sowie Rot der Umgebung und demonstrieren auf geschickte Art und Weise den Wahnsinn, der sich im Kult breit macht. Abseits dessen lässt sich ebenfalls die eine oder andere Animation erblicken, obwohl je nach dargestelltem Thema Gegenstände teilweise als Pixelbrei enden können.

     

    Auch musikalisch folgt der Titel seinen Vorbildern, da der Synthpop mit seiner limitierten Soundpalette stark an die MIDI-Klänge längst vergangener Tage erinnert. Leider sind manche der Lieder schlicht und ergreifend zu kurz, sodass sie in einer repetitiven Endlosschleife enden. Ansonsten bedient sich Bahnsen Knights oftmals einer minimalistischen Soundkulisse aus Hintergrundgeräuschen, welche die unheimliche Grundstimmung gekonnt unterstreicht. Eine Sprachausgabe gibt es hingegen nicht.

     

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    Fazit:

    Wenn ich Bahnsen Knights in wenigen Worten zusammenfassen müsste, würde ich es als einen unfassbar exotischen psychedelischen Horror-Trip beschreiben. Allem voran Boulders ambivalentes Wandeln zwischen Wahnsinn und Vernunft, Hass und Vergebung sowie Verständnis und Rage machen Bahnsen Knights zu einer außergewöhnlichen Charakterstudie. Alles verpackt in einer bizarren Mischung aus „Mad Max“ und „Death Proof“. Anhand dessen wird allerdings auch deutlich, dass eine solche Mischung keineswegs eine universelle Kaufempfehlung erhalten kann.

     

    Zu esoterisch sind die Konzepte, die einen religiösen Kult mit getunten Ford Sierras und zerstörerischen Wirbelstürmen verbinden, und zu ausgefallen ist der gewählte Grafikstil. Für all diejenigen, die aber zumindest geschichtlich wirklich einmal etwas gänzlich anderes erleben möchten, für die ist Bahnsen Knights genau das Richtige.

  4. Nachdem Square Enix letztes Jahr mit Star Ocean: The Divine Force den neusten Ableger des nun fast dreißigjährigen Science-Fiction-Franchises mit eher durchwachsenen Reaktionen auf den Markt brachte, erscheint mit Star Ocean: The Second Story R nun das Remake eines absoluten Klassikers japanischer Rollenspielkunst. Ob das Galaxien umspannende Epos, welches sein Debüt auf der Playstation 1 feierte, immer noch so begeistern kann wie früher, klärt der folgende Test.

     

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    Bevor eure spannende Reise in das Science-Fiction-Universum allerdings überhaupt beginnen kann, werdet ihr vor Kampagnenbeginn bereits vor eine wichtige Wahl gestellt. Möchtet ihr mit Claude C. Kenny, einziger Sohn von Ronyx J. Kenny, dem Helden der Terranischen Allianz, ins Abenteuer starten oder soll es doch lieber Rena Lanford, ein unbeschwertes, verträumtes siebzehnjähriges Mädchen mit mysteriösen Heilkräften sein?

     

    Entscheidet ihr euch für Claude, eröffnet das Spiel mit einer kurzen Erklärung der geschichtlichen Ereignisse an Bord eines Weltraumschlachtkreuzers. Vor einiger Zeit erklärte die intelligente Spezies vom Planeten Lezonia im Sektor Gamma der Terranischen Allianz den Krieg, woraufhin die Flammen des Konflikts aufloderten und ein erbitterter Kampf entbrannte. Inmitten des Geschehens befindet sich Claudes Vater, der sich nicht nur als hervorragender Kommandeur auf dem Schlachtfeld hervortat, sondern ebenfalls den Ausbruch eines unbekannten Virus auf dem unterentwickelten Grenzplaneten Roak verhinderte. Kein Wunder also, dass Ronyx mit gerade einmal 38 Jahren zum Admiral befördert wurde.

     

    Demgegenüber steht sein gerade einmal neunzehnjähriger Sohn, der zwar die Offiziersschule besuchte, sich jedoch konstant den Vorwürfen einer vorteilhaften Behandlung durch seinen Vater ausgesetzt sieht. Eingeengt und eingeschüchtert durch den enormen Schattenwurf der unglaublichen Leistungen seines Vaters, möchte er sich beweisen und ergreift ein unbekanntes Objekt auf dem Planeten Milokeenia, das ihn schnurstracks auf den Planeten Expel katapultiert – die Heimatwelt Rena Lanfords.

     

    Ihre Geschichte wiederum beginnt auf dem soeben genannten Planeten Expel, der anhand seiner Architektur und Kultur an eine klassische Fantasywelt erinnert. Nachdem vor drei Monaten ein Meteor – von den Bewohnern auch Hexerkugel genannt – einschlug, suchen allerhand furchtbare Phänomene die einst idyllischen Landstriche heim. Grausame Erdbeben oder Angriffe von seltsamen monsterartigen Wesen bedrohen das Leben der Bewohner. Doch laut einer Legende wird eines Tages eine unbekannte Person mit einem Lichtschwert erscheinen und sich heldenhaft den Dämonenhorden entgegenstellen. Angespornt von dieser Sage, stapft Rena Morgens in den nahe angrenzenden heiligen Wald, in dem sie plötzlich ein junger Mann mithilfe des scheinbaren Lichtschwerts vor einem Monsterangriff bewahrt. Daraufhin entbrennt eine epische Reise durch Raum und Zeit, in der Claude selbst in die Fußstapfen eines Helden treten muss, während Rena auf den Spuren ihrer mysteriösen Vergangenheit wandelt.

     

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    Obwohl das Szenario vor über zwanzig Jahren geschrieben wurde, haben weder die Geschichte noch ihre Charaktere auch nur ansatzweise etwas von ihrem Charme verloren. Rena und Claude, deren Wahl zu Beginn nicht nur einige Dialoge und Zwischensequenzen verändert, sondern auch Einfluss auf potenziell zu rekrutierende Gruppenmitglieder ausübt, haben zweifellos einen großen Anteil hieran. Ihre phänomenale gemeinsame Chemie und schwelende Romantik, die in sogenannten „privaten Begegnungen“, in denen ihr euch frei mit Gruppenmitgliedern unterhalten könnt, vorangetrieben wird, tragen dazu bei, dass ihr am Ende der beschwerlichen Reise weder die beiden noch zahlreiche der anderen Figuren missen möchtet.

     

    Abseits der privaten Begegnungen werden zusätzlich „einzigartige Orte“ mit einer Lichtsäule gekennzeichnet. Hierüber wird dem ohnehin exzellenten Worldbuilding das i-Tüpfelchen aufgesetzt, selbst wenn es sich nur um das Wasserrad eines Dorfes oder ein scheinbar unwichtiges Mineralvorkommen in einer alten Mine handelt.

     

    Belohnt wird der Entdeckerdrang aber auch spielerisch, da private Begegnungen die Freundschaftsleiste der individuellen Charaktere erhöhen, wodurch weitere Dialoge freigeschaltet werden, während einzigartige Orte wiederum oftmals mit FOL, Star Oceans Währung, sowie Gegenständen locken.

     

    Handelt es sich um tragbare Ausrüstung, orientiert sie sich an den mittlerweile klassischen Rollenspielstandards. So verfügen eure Charaktere über insgesamt 7 Slots: Brustpanzer, Waffe, Schild, Helm, Beinschiene sowie 2 Accessoires. Mit dem Anlegen steigen selbstverständlich die Attributswerte wie Angriff, Intelligenz oder Verteidigung, die respektive physischen/magischen Schaden erhöhen oder für weniger Schaden sorgen. Abgesehen davon besitzen viele Gegenstände zusätzliche Boni wie Spezial- sowie Unterstützungseffekte oder können aufgrund von Elementen und Resistenzen den Träger im Idealfall während eines Angriffs sogar heilen.

     

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    Und apropos Angriff, eine von Star Oceans enormen Stärken war seit jeher das erstklassige Actionkampfsystem, welches in Star Ocean: The Second Story R sogar noch einmal verbessert wurde. Während ihr die Oberwelt oder zahlreichen Dungeons erforscht, tauchen regelmäßig Gegner in einer schemenhaften, gasförmigen Form auf. Drei unterschiedliche Farben repräsentieren die Schwierigkeitsstufe des Feindes, wobei ein Angriff von der Rückseite einen Hinterhalt auslöst, der den Gegner zu Kampfbeginn temporär paralysiert zurücklässt.

     

    Während der Kämpfe könnt ihr frei zwischen den bis zu vier Gruppenmitgliedern hin- und herwechseln. Weitere nicht am Kampf teilnehmende Charaktere können außerdem auf Knopfdruck kurzzeitig zur Hilfe eilen, wobei anders als bei Zaubern und Techniken, bei denen Manapunkte eine entscheidende Ressource darstellen, hierbei nur die Abklingzeit den limitierenden Faktor bildet. Ähnliches gilt auch für die im Kampf verwendeten Items wie Heil- oder Wiederbelebungstränke, die ebenso einer Abklingzeit unterliegen.

     

    Ansonsten wird während der rasanten Kämpfe ordentlich geschnetzelt und geprügelt. Neben den Lebenspunkten stellt die Schildanzeige über den Köpfen der arglistigen Monster einen der wichtigsten Indikatoren dar, um während herausfordernderen Gefechten die Oberhand zu gewinnen. Das perfekte Ausweichen führt unter anderem dazu, dass ein Charakter nicht nur bis zu 25 % Mana auffüllt, sondern ebenfalls den gegnerischen Schild um eine Stufe verringert, was bei einer völligen Entleerung der Schilde eine kurze Paralyse bewirkt. Doch aufgepasst: Im Gegenzug führt ein gescheitertes Ausweichen zu eurer kurzen Handlungsunfähigkeit und dem Zurücksetzen der Bonusanzeige. Angriffe, die überwiegend entweder die Lebensleiste, die Schildleiste oder beides in Mitleidenschaft ziehen, füllen nämlich ebenfalls eine Bonusanzeige auf, die mit einer dazugehörigen Formation korrespondiert. Heißt im Klartext, dass je nach Formation und Nummer auf der Anzeige beispielsweise bei 50 Punkten euer Angriff, bei 100 die Verteidigung und bei 300 die Präzision steigt.

     

    Je weiter ihr in der Handlung voranschreitet, umso knackiger werden die Kämpfe und reines Buttonmashing lässt euch schnell im Dreck landen. Der Schlüssel zum Erfolg in Star Ocean: The Second Story R liegt wirklich in dem Ausnutzen aller verfügbaren Ressourcen. Sei es perfektes Ausweichen, Gegnerkontrolle, Schildbrechung oder der gekonnte Einsatz von Items. Einmal gemeistert erwartet euch ein wunderbares Actionkampfsystem, was in vielerlei Hinsicht auch heutzutage noch Maßstäbe setzt.

     

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    Nach der erfolgreichen Schlacht warten dann Belohnungen in Form von Gegenständen, FOL, Kampfpunkten (KP) sowie Fertigkeitspunkten (FP) auf euch. KP können in einem Menü für neue Kampffertigkeiten ausgegeben werden oder eure bereits erworbenen Fertigkeiten verbessern. Sei es eine geringere Abklingzeit, ein erhöhtes Bewegungstempo, eine größere Reichweite oder doch lieber ein kraftvollerer Angriff, vieles lässt sich anpassen, um so die ideale Tötungsmaschine zu kreieren. Hierdurch wird, zumindest in Maßen, einiges an spielerischer Freiheit geboten, auch wenn es nicht ganz mit moderneren JRPGs mithalten kann.

     

    Fertigkeitspunkte wiederum fließen in das umfangreiche Handwerks- und Spezialisierungssystem ein, welches anfänglich ein wenig undurchsichtig wirkt. Das Endresultat ist letztlich so simpel wie hilfreich: eine neue Waffe, ein neues Gericht oder ein neuer Ohrring, soweit so klar. Nicht so offensichtlich sind jedoch zunächst die geforderten Abhängigkeiten, die teilweise arg verschachtelt wirken. Eindeutig ein etwas verwirrendes Überbleibsel aus den Neunzigern, dem eine etwas größere Auffrischungskur gut zu Gesicht gestanden hätte.

     

    Einmal in das Thema reingefuchst, werdet ihr immerhin mit coolen Spezialisierungen wie Angeln, Alchemie oder Taschendiebstahl belohnt. Mit diesen könnt ihr euch außerhalb der Kämpfe die Zeit vertreiben und als Alchemist etwa Edelmetalle zu Accessoires weiterverarbeiten. Die notwendigen Fertigkeitspunkte, an denen es scheinbar immer zu mangeln scheint, können vor allem in Gildenmissionen erspielt werden, die oftmals bestimmte Gegenstände verlangen oder an klassische Fetch-Quests angelehnt sind. Nicht gerade spannend, aber zumindest hilfreich.

     

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    Visuell hingegen gibt es fast nichts zu mäkeln. Square Enix spendiert Star Ocean: The Second Story R den gleichen HD-2D-Look wie man ihn aus anderen Projekten à la Triangle Strategy oder Octopath Traveler kennt. Dieser harmoniert perfekt mit den ausdrucksstarken Sprites, ohne dass der Kontrast mit den 3D-Umgebungen negativ ins Gewicht fallen würden. Dank der animierten handgezeichneten Porträts während zahlreicher Dialoge sowie englischer oder wahlweise japanischer Sprachausgabe inklusive deutscher Bildschirmtexte, wird der wandelbare Gemütszustand der Gruppenmitglieder zusätzlich in Szene gesetzt, sofern die kleinen Schweißperlen oder weit aufgerissenen Münder der Sprites mal nicht ausreichen sollten.

     

    Und auch musikalisch ist der Titel ein wahrlicher Genuss. Genauso wie in dem Original vor 25 Jahren lässt Motoi Sakuraba seiner musikalischen Genialität freien Lauf, indem er alte Stücke neu arrangiert, ohne dabei jedoch den ursprünglichen Charakter der Songs zu verschleiern. Wie in vielen JRPGs der damaligen Ära, dominieren Streicher und orchestrale Klänge den Soundtrack. Während der Kämpfe geht’s dagegen elektronischer zu und versprüht Tendenzen eines Synthesizers der Achtzigerjahre. Wer letzten Endes trotzdem lieber in Nostalgie schwelgen möchte, kann die neuen Arrangements allerdings auch ausstellen und auf den ursprünglichen Soundtrack zurückgreifen.

     

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    Fazit:

    Star Ocean: The Second Story R ist eine fantastische Neuauflage. Es behält alle positiven Aspekte des Originalspiels bei und zieht die Stellschrauben an den Stellen fest, die bereits im Jahr 2000 auf der PS1 oder 2009 auf der PSP irritierten.

     

    Insbesondere das ohnehin schon grandiose Kampfsystem wurde dank der neuen Mechaniken modernisiert, wodurch es ein Quäntchen mehr Komplexität und somit weitere Gestaltungsmöglichkeiten bei der Charakterentwicklung erhält. Die Geschichte sowie Charaktermomente sind packend und emotional wie eh und je, während Square Enix visuell mit dem HD-2D-Gewand einen Stil gefunden hat, der gleichzeitig Nostalgie hervorruft, ohne dabei grafisch auf der Strecke zu bleiben.

     

    Star Ocean: The Second Story R ist nicht nur ein würdiges Remake des wohl besten Ablegers des Star Ocean Franchises, sondern eines der besten klassischen japanischen Rollenspiele aller Zeiten.

     

  5. Mystische Kräfte, eine Welt vor dem Abgrund und exotische Aliens – Stormind Games präsentiert mit Batora: Lost Haven eine ungewöhnliche Rollenspielmischung aus Science-Fiction und Fantasy. Ob dieser Genrespagat gelingt oder letzten Endes doch ein potenzieller Kollaps unter den eigenen hochgesteckten Zielen droht? Wir finden es heraus.

     

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    Batora: Lost Havens Story beginnt zunächst recht unscheinbar. Mila und Avril, zwei junge Frauen, bahnen sich ihren Weg durch die heruntergekommenen Straßen einer uns unbekannten Großstadt. Zwischen Geröll und Unrat tratschen die beiden über die Ereignisse der vergangenen Tage, während sie ein Hindernis nach dem anderen erklimmen, als wäre die zerstörte Umgebung gängiger Alltag ihres Lebens. Mila berichtet von der tragischen Situation ihrer schwer kranken Mutter, als sich Avril von ihrer Abenteuerlust überwältigen lässt und noch tiefer in die dunklen Ruinen vordringt.

     

    Es vergehen einige Minuten und plötzlich findet sich Avril innerhalb eines eingestürzten U-Bahn-Tunnels im Angesicht eines seltsamen, glühend schwebenden Objekts wieder. Temperamentvoll, wie sie nun einmal ist, gilt ihr erster Gedanke natürlich nicht einem etwaigen Rückzug. Vielmehr wird sie kurzerhand von einer übernatürlichen Sphäre in eine fremde Welt teleportiert. Sie landet auf dem Planeten „Gryja“ und vernimmt plötzlich ihr zwei völlig unbekannte Stimmen: „Mond“ und „Sonne“. Schlagartig wird der Zustand der zu Anfang ersichtlichen heruntergekommenen Stadt und konsequent das Ausmaß der Zerstörung der gesamten Erde enthüllt.

     

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    Aufgrund eines Kräfteungleichgewichts raffte eine verehrende Katastrophe die Hälfte der Menschheit dahin und die wenigen Überlebenden fristen eine trostlose Existenz in den Ruinen ihres einstigen zu Hauses. Unser grüner Planet ist unterdessen nicht der einzige Standort, welcher von solch zerstörerischen Ereignissen heimgesucht wird. Avril, jetzt ihres Zeichens eine „Hüterin der Balance“, muss, um ihre eigene Heimat zu einstiger Schönheit zurückzuführen, fortan neue unentdeckte Galaxien und weit entfernte Planeten bereisen, um die elementare Balance wiederherzustellen.

     

    Glücklicherweise stellt sie sich dieser Aufgabe nicht völlig alleine, denn wie es der Zufall möchte, kann Avril weiterhin mit ihrer besten Freundin, Mila, kommunizieren. Und das ist auch gut so, denn Batoras übergreifende Geschichte, wenn auch zunächst durchaus mit ausreichend Potenzial bestückt, kann letztlich nur mehr als „funktional“ beschrieben werden.

     

    Die erzählerische Stärke liegt eindeutig in den Dialogen der kecken Protagonistin. Die aberwitzigen Unterhaltungen mit fremden Spezies, die kontinuierlichen Sticheleien beider Freundinnen sowie die lockeren Sprüche Avrils, wenn eine Situation wieder einmal völlig aus dem Ruder läuft, bilden das narrative Herz des Spiels, was durch individuelle Dialogentscheidungen, die durchaus langfristige geschichtliche Konsequenzen bereithalten, nur noch gefestigt wird.

     

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    Es stellt sich somit zwangsläufig die Frage, ob Batora das in der Geschichte aufgeworfene Ungleichgewicht mithilfe unserer „Hüterin der Balance“ im Gameplay wieder ausgleichen kann. Die Antwort: größtenteils.

     

    Spielerisch erinnert das actionreiche isometrische Rollenspiel in seinen Grundzügen an Hades, abzüglich aller Roguelite-Mechaniken. Der Twist ist die bereits in der Story angesprochene und sich nun auch im Gameplay manifestierende Dualität von „Sonne“ und „Mond“ beziehungsweise „physischer“ und „mentaler“ Haltung.

     

    Mit einem Knopfdruck wechselt ihr nämlich jederzeit zwischen diesen Haltungen hin und her und erhaltet im Gegenzug Zugriff auf unterschiedliche Angriffe. Die physische Haltung kann mit einem übergroßen Schwert aufwarten, das bei korrektem Timing mit absolut zerstörerischer Präzision eingesetzt werden kann. Die mentale Haltung wiederum ist primär für den Fernkampf gedacht und feuert in bester Twin-Stick-Shooter Manier zahlreiche Projektile auf die heranrasenden Gegnermassen.

     

    Zu Beginn ist euer Arsenal, abgesehen von den Standardangriffen, noch recht begrenzt und wird weiterhin durch die Cooldowns der Spezialfähigkeiten limitiert. Mit steigender Spielzeit steigt zugleich aber auch die Angriffsvielfalt. Vernichtende Überkopfangriffe, hilfreiche Schutzbarrieren oder flächendeckende Energieimpulse sind nur einige der Fähigkeiten, auf die ihr euch freuen könnt.

     

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    Die Dualitätsmechanik beider Haltungen legt jedoch nicht nur eure Angriffsmuster fest, sondern ist ebenfalls mit weiteren spielerischen Aspekten verwoben. Andersfarbige Kreise unterhalb der Gegner markieren ihre Anfälligkeit gegenüber spezifischer Elemente. Während manchen Feinden unter Zuhilfenahme des überdimensionalen Zweihandschwertes beizukommen ist, erfordern andere wiederum den gezielten Einsatz der Fernkampfprojektile. Es gibt sogar Mischformen, bei denen ein kontinuierlicher Wechsel unabdingbar wird.

     

    Des Weiteren verfügt Avril über zwei individuelle Energieleisten, die ihr im Auge haben müsst, da sie je nach Gegner- und Angriffstyp, zur Neige gehen. Dieses dynamische Spiel mit den verschiedenen Haltungen macht definitiv einen der großen Reize Batoras aus und hebt es von anderen Genrekollegen ab.

     

    Leider lässt sich ähnliches nicht für das Ausrüstungssystem festhalten. Die eigentliche Spielwelt ist recht linear und innerhalb der gewundenen Korridore verstecken sich unter anderem Kodexeinträge sowie Truhen. In letzteren kann sich beispielsweise eine Währung befinden, die ihr für das Runensystem benötigt und das Äquivalent zur Ausrüstung darstellt. Viele der Runen erlauben zwar eine Feinjustierung der Spielweise, da einige etwa den Schaden der physischen Angriffshaltung erhöhen und im Gegenzug die Defensive der mentalen Haltung schwächen, weswegen ein Austauschen der Runen je nach Gegnertyp durchaus Sinn macht. Besonders interessant ist dies aufgrund der passiven Natur vieler Runen jedoch nicht.

     

    Sicherlich bemerkt ihr, wenn die Wirbelklinge nun häufiger kritische Treffer zufügt oder ihr mehr Schläge aushalten könnt, bevor Avril gebrochen zu Boden geht. Ein erheblich spürbarer spielerischer Einfluss stellt sich allerdings nicht ein.

     

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    Technisch hingegen gibt es nur wenig zu bemängeln. Stilistisch erinnert Batora aufgrund des cartoonähnlichen Looks an Spiele wie Torchlight, kombiniert diese Ästhetik indessen zusätzlich mit außerirdischer Flora und Fauna, was aufgrund der farbenprächtigen Effekte ein bizarres visuelles Spektakel kreiert. Vor allem die von Avril bereisten unterschiedlichen Planeten weisen nicht nur verschiedene Biome auf, sondern konfrontieren euch mit allerhand kreativer Aliendesigns, die kontextuell in ihren Lebensraum eingebettet sind und erfreulicherweise sogar Sinn ergeben. Eine der Alienspezies verfügt zum Beispiel über vier Arme und ist überzogen von kleineren Felsauswüchsen, was angesichts ihrer minenähnlichen Umgebung, die an das Innere eines riesigen Berges erinnert, vollkommen nachvollziehbar und logisch ist. Kleinere liebevolle Details dieser Art finden sich im ganzen Spiel.

     

    Musikalisch wirkt Batora demgegenüber eher unscheinbar, da der Soundtrack nicht als sonderlich bemerkenswert hervortritt. Viele Stücke verschmelzen im Hintergrund, vor allem weil Batora oftmals die Soundeffekte ihr Übriges tun und etwa das Heulen des Windes die akustische Kulisse einnehmen lässt.  Die englische Synchronisation ist wiederum super und verkörpert die unterschiedlichen emotionalen Gemütszustände der Charaktere auf glaubwürdige Art und Weise.

     

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    Fazit:

    Batora: Lost Haven ist ein kompetentes Indie-RPG, letzten Endes allerdings auch nicht viel mehr. Die Entwickler spielen mit mehreren unkonventionellen Ideen, schaffen es aber nie, das volle Potenzial der individuellen Systeme auszureizen. Dies ist zwar enttäuschend, ultimativ habe ich meine Zeit mit den skurrilen außerirdischen Lebensformen, welche die schrägen Planeten Batoras beheimaten, jedoch genossen.

     

    Solides Gameplay, abwechslungsreiche Umgebungen, signifikante Dialogentscheidungen und eine selbstbewusst sympathische Protagonistin schaffen es somit Batora: Lost Haven zwar nicht zu einem Pflichtkauf, aber zumindest zu einem unterhaltsamen Rollenspiel werden zu lassen, mit dem ihr nicht allzu viel falsch machen könnt.

  6. Von River City Ransom über River City: Tokyo Rumble bis hin zu River City Girls – seit über 30 Jahren prügeln sich Spieler unterschiedlichster Plattformen durch die gefährlichen Straßen River Citys.

     

    Mit dem neusten Ableger wagt Arc System Works eine Reise in die Vergangenheit und versucht sich an einer Neuinterpretation des klassischen chinesischen Romans „Romance of the Three Kingdoms“. Ob der humorvolle Blick River City: Three Kingdoms‘ in eine solch turbulente Zeitperiode geglückt ist, klärt der folgende Test.

     

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    Unsere Geschichte beginnt vor 1800 Jahren im antiken China. Die Han Dynastie regiert seit mehr als 400 Jahren mit eiserner Hand über die lokalen Landstriche. Korruption wuchert an allen Extremitäten des brutalen Regimes und zu allem Überfluss verwüsten Krankheiten und Umweltkatastrophen die verarmten Provinzen. Nur ein mutiger Mann scheint gewillt, sich der vermeintlichen Übermacht zu stellen: Guan Yu. Auf seinem Weg wird er scheinbar unüberwindbare Hindernisse erklimmen und loyale Verbündete rekrutieren müssen. Ob ihm dies gelingt? Lasst ihr Guans stahlharte Fäuste sprechen oder werdet ihr letztlich doch in die Knie gezwungen?

     

    Wie in dieser kurzen Zusammenfassung der Geschichte bereits durchschimmert, möchten die Entwickler ihrem Quellmaterial einen ganz besonderen Anstrich verleihen und schenken der Story überraschend viel Aufmerksamkeit. Angesichts des Genres, welches zumeist mit wenigen Sätzen auskommt, trägt River City Saga die Handlung in umfangreichen Dialogboxen im Visual-Novel-Stil vor, die leider des Öfteren der coolen Action entgegenwirken. Der historische Hintergrund ist zwar durchaus interessant, da ein Einblick in eine sonst eher weniger betrachtete Zeitperiode geboten wird, die eigentliche geschichtliche Aufbereitung ist aber verbesserungswürdig. Deutlich charmanter sind demgegenüber die dutzenden humoristischen Einschübe, welche vor allem durch Guan Yus wildes Temperament ausgelöst werden und den ein oder anderen Lacher hervorrufen. Wer jedoch eine epische Saga im Stile der Realvorlage sucht, ist bei River City Saga definitiv am falschen Platz, denn ultimativ geht es auch hier nur darum, die virtuellen Fäuste fliegen zu lassen.

     

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    Und dies meistert das Beat 'em up größtenteils auf eine adäquate Art und Weise. Der Titel ist in mehrere Kapitel unterteilt und folgt einer offeneren Zonenstruktur, in welcher ihr an einen einmal entdeckten Ort zurückkehren könnt. Hierbei handelt es sich zumeist um Dörfer, in dem NPCs ihr Waren feilbieten oder neue Aufgaben für unseren Protagonisten bereithalten. Der Titel erinnert somit stark an ein Rollenspiel und das kommt nicht von ungefähr, denn River City Saga schnappt sich nicht nur kleine, individuelle Aspekte des Genres, sondern inkorporiert alle wichtigen Kernelemente, die ein vernünftiges Rollenspiel besitzen muss, was bereits beim Kampfsystem anfängt.

     

    Während ihr zu Beginn eurer beschwerlichen Reise zunächst nur einen simplen Schlag, einen Tritt, einen Wurf, einen Sprung, einen Block und möglicherweise eine im Level aufgenommene Waffe besitzt, dauert es nicht allzu lange, bis ein großzügiger Questgeber eine Schriftrolle parat hat. Diese lehrt den aussagekräftigen „Mach Punch“ und offenbart die wundervollen Individualisierungsmöglichkeiten des umfangreichen Systems. Insgesamt stehen sechs Slots zur Verfügung, welche mit den verschiedensten Fähigkeiten bestückt werden können, um Guan Yu perfekt den eigenen Bedürfnissen anzupassen. Soll der einfache Schlag einem Trommelwirbel aus Hieben weichen? Oder darf es doch lieber ein Kamehame Ha aus der Entfernung sein? Alles kein Problem – vorausgesetzt natürlich, ihr erwerbt die nötigen Fähigkeiten in einem der städtischen Shops oder helft Anwohnern bei ihren zahllosen Quests.

     

    Reichen Standardattacken einmal nicht aus, füllt sich während der Schlägereien die sogenannte Fokusleiste, die einen ultimativen Angriff entfesselt. Guan Yu kann zum Beispiel kurzzeitig die Zeit um sich herum verlangsamen und jeden Feind einen Kopf kürzer machen oder schnellstens einer brenzligen Situation entkommen. Insbesondere letzteres ist oftmals lebensnotwendig und fördert ein eklatantes Problem von River City Saga zutage.

     

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    Im Spiel bewegt ihr euch frei von links nach rechts. Zusätzlich könnt ihr ebenso wie in vielen anderen Beat 'em ups innerhalb der Sidescroller-Levels auf einer fixen Ebene nach oben und nach unten marschieren. Dies führt in zahlreichen anderen Titeln oftmals dazu, dass eure Angriffe verfehlen, da ihr nicht auf perfekter Augenhöhe mit eurem Gegenüber seid. River City Saga umgeht dieses nervige Phänomen die meiste Zeit, der Grund hierfür ist allerdings weniger positiv.

     

    Wie kaum in einem anderen Genrevertreter bombardieren euch die Entwickler nämlich mit Heerscharen an Widersachern. Es ist nicht ungewöhnlich, konstant zwischen zehn und fünfzehn Kontrahenten gleichzeitig zu bekämpfen, was dazu führt, dass ihr in einem kurzen Moment der Unachtsamkeit eingekreist und mit einem Hagel aus Schlägen bedeckt werdet. Damit jedoch nicht genug, denn so wie ihr die Feinde greifen und werfen könnt, ist dies im Gegenzug selbstverständlich ebenso möglich. Trotz des kurzen Fensters von Unverwundbarkeit, was davor schützen soll, nach einem Wurf in einem permanenten Zustand der Paralyse zu enden, ist es durchaus möglich, aus Versehen in die gleiche Gegnergruppe reinzurollen, nur um daraufhin wieder auf dem Hosenboden zu landen. Gerade in der anfänglichen Lernphase müsst ihr also einiges an Frustresistenz mitbringen.

     

    Zum Glück legt sich dieses Problem im Laufe der Zeit, auch wenn es nie vollständig verschwindet, da ihr nicht nur an Erfahrung, sondern auch vor allem an Stärke und Ausrüstung gewinnt. Jeder Levelaufstieg ermöglicht nämlich eine weitere Feinjustierung des eigenen Spielstils. Insgesamt sieben Attribute, namentlich Schlag, Tritt, Waffe, Werfen, Intelligenz, Glück und Ausdauer, welche jeweils den individuellen Schaden der Kategorie oder die eigenen Lebenspunkte erhöhen, können nach eigenem Gutdünken erhöht werden. Die erwerbbare Ausrüstung wie Helme, Brustpanzer oder Handschuhe, die jeweils diese individuellen Attribute erhöhen und sogar weitere Boni bereithalten, garantieren eine zufriedenstellende langfristige Progression und sorgen definitiv für einen Motivationsschub. Sollte auch das nicht helfen, könnt ihr einfach ein paar Freunde dazuholen und kooperativ herumprügeln.

     

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    In puncto audiovisueller Präsentation ist River City Saga ein eher zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite sehen die Avatare der verschiedenen Figuren während der Zwischensequenzen teilweise so aus, als wurden sie mit einem Weichzeichner überzogen und wirken generell ein wenig billig. Dagegen sprechen auf der anderen Seite die unzähligen liebevoll ausgearbeiteten Expressionen der Charaktere. So etwa, wenn Guan Yu von einem Moment auf den anderen die Hutschnur platzt und sich sein gemäßigter Blick in eine feurige Explosion der Wut verwandelt, in dem selbst die Drachenverzierung auf seiner Schulter rot aufleuchtet und feurige Dampfwolken ausstößt.

     

    Ähnliche Gegensätze werden dann auch in der Levelarchitektur sichtbar, in der ein waschechter 16-Bit-Pixellook auf ausgewaschene, niedrig aufgelöste 3D-Hintergründe trifft. Während man das Umgebungs- und Hintergrunddesign dementsprechend bestenfalls als funktional beschreiben könnte, prescht die Liebe zum Detail bei den Pixelanimationen hingegen mit voller Stärke nach vorne. Das Heben und Senken der Schultern während Guan Yus Atemzügen oder die à la Bugs Bunny austretenden riesigen Augen, sobald sich ein Feind im Schwitzkasten befindet – River City Saga brilliert auf der einen und schlampt auf der anderen Seite.

     

    Musikalisch gibt es dahingegen nicht viel zu meckern. Die Stücke orientieren sich erwartungsgemäß an der dargestellten Zeitperiode und pflegen sich passend in das Actiongewitter ein. Spezifische Streichinstrumente sowie Flötenmelodien, die primär mit asiatischen Klängen assoziiert werden, mischen sich mit modernen Perkussionsinstrumenten und rockigen Stücken. Insgesamt nichts, was als einzigartig herausstechen würde, zugleich die altertümliche Atmosphäre allerdings treffend unterstützt.

     

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    Fazit:

    River City Saga: Three Kingdoms ist ein solides Beat 'em up, das mich dennoch mit gemischten Gefühlen zurücklässt. Einerseits sind die unterschiedlichen Rollenspielelemente hervorragend mit dem Grundkonzept des Prüglers verwoben und kreieren eine ordentliche Langzeitmotivation. Andererseits widerspricht dies der klassischen „pick up and play“-Natur, die das Genre über Jahre in Spielhallen kultivierte und fähige Spieler binnen kürzester Zeit den Abspann sehen ließ.

     

    Alle von Arc System Works hinzugefügten Features brüllen mich jedoch geradezu förmlich an, ein oder zwei Stunden vor der Konsole zu verbringen und nicht nach einem Level aufzuhören, so wie ich es beispielsweise in einem Streets of Rage oder Double Dragon täte. Gleichzeitig leidet River City Saga: Three Kingdoms an dem gleichen inhärenten Problem wie alle anderen Genrevertreter: Repetition.

     

    Und gerade jene kürze Sessions der weniger komplexen anderen Beat 'em ups helfen dabei, einen möglichen Burn Out zu vermeiden, während River City Saga: Three Kingdoms mich aufgrund seiner ausführlichen Geschichte sowie Rollenspielsysteme länger an den heimischen Fernseher fesseln möchte und einen eventuellen Überdruss fast schon forciert.

     

    Letzten Endes würde ich aber dennoch eine Kaufempfehlung aussprechen. Tiefgang verspricht der neuste Ableger der Reihe nämlich allemal und trotz der einen oder anderen aufkeimenden Frustration, habe ich mich gern durch die Welt des antiken Chinas gekämpft.

  7. Rhythm-Games. Von Parappa the Rapper über Hatsune Miku bis zu den einstig wohl populärsten Vertretern Guitar Hero sowie Rockband – die Historie des Genres ist lang. Der Indieboom der 2010er führte allerdings nicht nur zu zahlreichen Hommagen an Spiele längst vergangener Tage, sondern auch zu etlichen Genreüberkreuzungen. So etwa Crypt of the NecroDancer, welches erstmalig die Genres Rhythm und Roguelite in einen großen Rührkessel warf und ein dermaßen frisches Spielkonzept hervorbrachte, dass einige Jahre später selbst Nintendo an die Haustür des Entwicklers klopfte.

     

    Nun schmeißt ein weiteres Studio seinen Hut in den Ring und versucht sich mit Soundfall an einer Mischung aus Twin-Stick-Shooter und Rythm-Game. Ob diese Mischung gut geht? Wir finden es heraus.

     

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    Soundfall beginnt in bester Animemanier mit einer kurzen, handgezeichneten Zwischensequenz, in welcher unsere Heldin von ihrer ach so stinklangweiligen Wohnung in eine Welt katapultiert wird, in welcher Musik nicht nur Teil des alltäglichen Lebens, sondern das Leben schlechthin darstellt: Symphonia.

     

    Leider wird jenes musikalische Paradies von zahlreichen Feinden bewohnt, die nichts lieber täten, als jegliche tonale Freude aus dieser Welt zu verbannen. Dies müssen wir selbstverständlich verhindern. Also satteln wir unsere Gitarre, laden die Blaster und stürzen uns kopfüber in eine atemberaubende Welt voller glorreicher Musik.

     

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    Ähnlich des bereits erwähnten Crypt of the NecroDancers handhabt Soundfall die visuelle Repräsentation des Beats auf gleiche Weise. An der Unterseite des Bildschirms befindet sich eine Leiste, auf welcher in regelmäßigen Abständen Balken zufliegen. Manchmal langsamer, manchmal schneller, je nach Geschwindigkeit des Stückes, gilt es, so gut wie all eure Aktionen an jenen lebenswichtigen Beat anzupassen, denn in Soundfall dreht sich alles um die Perfektionierung des Rhythmus.

     

    Sei es nun ein Dash, welcher eine kurzzeitige Unverwundbarkeit verleiht oder die eigentliche Schießmechanik – die Auswirkungen eines Kerngameplayloops, welcher sich einzig und allein um das Ausführen einer Aktion zum perfekten Zeitpunkt in Einklang mit der Musik dreht, sind bei einem Twin-Stick-Shooter enorm. Seht ihr eine heranrasende Horde von tollwütigen Feinden, feuern eure Synapsen auf Hochtouren und schreien gerade förmlich danach, die Feuertaste so schnell wie möglich zu betätigen, um sich der anrollenden Bedrohung zu entledigen.

     

    Macht ihr dies, beißt ihr allerdings schneller ins virtuelle Gras, als euch lieb ist. Nicht nur verursachen die ausgerüsteten Waffen mehr Schaden, wenn sie im korrekten Takt abgefeuert werden, sondern ein zu häufiges asynchrones Betätigen des Abzugs lässt jene Waffe „überhitzt“ zurück und macht sie somit temporär nutzlos. Ausweichen lautet also die Devise, wenn ihr das Ende des Levels erreichen möchtet, während die unablässigen Widersacher mit einem Schwall aus Projektilen eingedeckt werden.

     

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    Im Laufe der Zeit verfallt ihr fast schon automatisch in einen tranceartigen Zustand, in welchem einzig und allein der pulsierende Beat eure Aktionen bestimmt. Das Kampfgeschehen geht in einem nebelartigen Gemisch aus Musik und Takt unter, während ihr spielerisch zwischen Laserstrahlen und Kugelhagel hin und her schwebt. Dieses damit einhergehende positive Glücksgefühl, ein Level nach unzählige Versuchen endlich in der vorgesehenen Zeit abgeschlossen zu haben, ist kaum zu beschreiben.

     

    In insgesamt vier Schwierigkeitsstufen wird sodann euer Erfolg gemessen, wobei die Höchste das Abschließen des Levels ohne verpassten Beat sowie einer ununterbrochenen Kombokette erfordert. Damit einhergehend verbessert sich ebenso die Beute, welche aus der finalen Truhe zu erhaschen ist.  Soundfall verfügt nämlich über ein Ausrüstungssystem, welches mit dem Beatgameplay harmoniert. Je nach Musikgenre können Gegenstände mit unterschiedlichen offensiven beziehungsweise defensiven Schwerpunkten ergattert werden und die Statistiken der Ausrüstung sind vollständig in die musikalische Welt von Soundfall eingebettet. Manch eine Waffe vereist ihre Feinde beispielsweise, sodass sie für acht Beats zwanzig Prozent langsamer laufen, während eine andere ihren Gegner anzündet und ihm pro Beat eine gewisse Menge an Schaden zufügt.

     

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    Auch die Waffen an sich unterscheiden sich. Die Scattershot schießt ähnlich einer Schrotflinte beispielsweise in mehrere Richtungen, während das Pulsgewehr drei Schüsse in Folge abgibt. Werdet ihr doch einmal übermannt, greift ihr kurzerhand zu einer riesigen Zweihandklinge, die insbesondere mithilfe ihrer ultimativen Attacke, einem vollkommen tödlichen sich drehenden Wirbelsturm aus Klingen, jedem unvorsichtigen Kontrahenten den Kopf von den Schultern trennt.

     

    Während unsere Protagonistin also von Level zu Level und Biom zu Biom hüpft, um einen Gegner nach dem anderen zu plätten, kommt man allerdings nicht umher, die Ähnlichkeit der Levels zu bemerken. Zonen werden durchaus größer und erlauben somit zumindest eine geringfügige Erforschung anderer Pfade, die etwa seltene Truhen bereithalten. Das nagende Gefühl im Hinterstübchen, zum wiederholten Male das gleiche Level abzuschließen, wird jedoch nie vollständig verschwinden. Anspruchsvollere Gebiete mit Lasertürmen, Bodenfallen oder Explosionskernen lassen den Schwierigkeitsgrad immerhin vorübergehend dermaßen in die Höhe schnellen, dass sich jene Gedanken zumindest zeitweilig verflüchtigen.

     

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    Technisch präsentiert sich Soundfall eigenwillig komisch. Egal ob futuristisch simpel oder veraltet überholt. Jedes Biom kann es sich nicht nehmen lassen, die Umwelt im Beat des Songs tanzen zu lassen. Während die Bäume der Skylands sanft im Takt vibrieren, grooven riesige Fischstatuen in der Unterseewelt zum Takt des Beats. Brillant ebenfalls sind die verschiedenen Gegnertypen, von denen einige ebenfalls vom Beat beeinflusst werden und sich somit auf das direkte Gameplay auswirken. Ein hundeähnlicher Widersacher schießt zum Beispiel Mörsergeschosse ab, welche mit jedem Beatschlag auf den Boden aufprallen. Nach einiger Zeit kann die Sterilität mancher Umgebungen jedoch durchaus ein Gefühl des Sattsehens hervorrufen, da sich die Levelarchitektur innerhalb der unterschiedlichen Biome kontinuierlich wiederholt.

     

    Abgesehen davon ist die Audiokulisse wohl einer der wichtigsten Faktoren. Hier hat sich Noodlecake Studios keineswegs lumpen lassen. Mit über 100 Songs, quer verteilt über die Genres House, Akustik, Chiptune oder Techno bekommt ihr so ziemlich alles geboten, was die DJs aus ihrem elektronischen Repertoire herbeizaubern können. Doch auch zahlreiche Rock-, Metal- und sogar Orchesterstücke sind mit an Bord. Alles in allem also ein gelungenes ein Sammelsurium verschiedenster Musikgenres, welches somit auch die nötige akustische Abwechslung liefert.

     

     

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    Fazit:

    Soundfall strotzt an allen Ecken und Enden voller kreativer Ideen. Seien es die auf den Beat abgestimmten Waffenmechaniken, die taktorientierten Angriffe der Gegner oder die visuellen Indikatoren einer Welt, die von Musik beherrscht wird. So vieles in Soundfall hat mir außerordentliche Freude bereitet.

     

    Und dennoch kann die relativ einzigartige Gameplaymischung nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Entwickler bei einem möglichen Nachfolger noch ein wenig Hand anlegen müssen. Allem voran die Levelstrukturen, die eher einem Baukasten als handgefertigten Gebieten ähneln, benötigen eine dringende Überarbeitung. Und auch das Ausrüstungssystem ist verbesserungswürdig. So sind die mit dem Beat verbundenen Modifikationen zwar durchaus solide, exotischere Kombinationen, welche noch tiefer in das Spielgeschehen eingreifen, fehlen allerdings.

     

    Trotzdem ist Soundfall einen Kauf wert. Der Vorstoß der Genremischung aus Rhythm-Game und Twin-Stick-Shooter ist einfach zu cool, um sie links liegenzulassen.

     

    Aufgrund von Datenbankproblemen kein Testkasten:

     

    Positiv:

    - Kreatives Spielkonzept

    - Klasse Songauswahl

     

    Negativ:

    - Levelstruktur

    - Längere Spielsitzungen repetitiv

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